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Klimakrise im Internet

10 Jahre Soziale Medien

Klimakrise im Internet: Sie klammern sich an jeden Strohhalm, und sei er aus Plastik

Klimakrise und Erderwärmung sind nun suchmaschinenoptimiert. Plötzlich bedeuten sie etwas und man schenkt Themen des Umweltschutzes eine gewisse Aufmerksamkeit. Das ist durchaus positiv zu werten, nur, entsteht dadurch auch ein Effekt, der sich auf die Realität überträgt?

Das Internet ist ein hübsches Werkzeug. Es hilft uns beim Einkaufen und Geldausgeben, es sorgt für Marktregulation (oder auch nicht) und beschert Millionen von Bürgern das Gefühl, im Besitz einer „enhanced version“ (Erweiterung) ihres Gehirns oder Bewusstseins zu sein. Wir fühlen uns frei, freuen uns über tolle Schnäppchen, genießen digitale Unterhaltung in mannigfaltiger Darbietung und ständige Fähigkeit zur Kommunikation. Dabei verlieren wir uns sogar, in diesem neuen Reich der scheinbar unendlichen Möglichkeiten. Nicht selten bemerken wir erst dann, dass es Zeit ist, wieder in die Ist-Welt zurückzukehren, wenn wir entweder vom Mitbewohner gefragt werden, wann’s real etwas zu essen gibt, sonstige Bedürfnisse vom Gehirn gemeldet werden oder wir rein zufällig auf einen Bericht im Netz stoßen, der uns den dringenden Hinweis liefert, dass die Erweiterung des Geistes dem Neuronen-Hauptspeicher nebst Prozessor keineswegs entspricht.

Aber was hat das jetzt bitte mit dem Strohhalm zu tun?

Der Leitfaden dieses Textes ist unsere Wahrnehmung. Denn diese Wahrnehmung könnte einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die in der Realität angekommenen großen Herausforderungen unserer Spezies zu meistern. Die Wirklichkeit zeigt uns nämlich ein anderes Bild als das von uns generierte digitale Abbild. Es gibt seit vielen Dekaden unzählige Menschen, die vom Klimaproblem, vom Landwirtschaftsproblem, vom Artensterben der Tiere und Insekten wissen. Ich selbst war 1984 in einem örtlichen Vogelschutzverein, nachdem ich ein Buch über den stummen Frühling und das Sterben der Singvögel gelesen hatte. Ich war 16 Jahre alt. Genauso alt wie Greta Thunberg heute. Jetzt lesen wir in den Onlinezeitungen, dass Schüler nicht nur politisch Verantwortliche anklagen, sondern indirekt ihre Eltern und Großeltern, nichts gegen die bevorstehende Klimakatastrophe getan zu haben. Viele Aktivisten aus Umweltschutz und Politik wissen, das stimmt so nicht.
Was lief eigentlich falsch?

Wir leben in einem äußerst verwirrenden Zeitalter zwischen Teilwahrheiten, Manipulation von Information und binärer Fantasie, und wir müssen sehr gut aufpassen, dass dies nicht zu unserem Verhängnis einen größeren Beitrag leistet als der Klimawandel selbst. Das Internet gedeiht nicht allein durch Verständigung, es lebt besonders vom Disput. Man kann dazu ausreichend Studien und Beiträge finden, die zeigen, dass Zustimmung und Harmonie weniger Klicks zu einem publizierten Beitrag bringen, als Streit und Empörung. Das ist keine Erscheinung der Neuzeit, sondern lässt sich in historischen Texten bis in die Antike zurückverfolgen. Kontroverse führt also zu Aufmerksamkeit. Auch in der analogen Welt. Im Zeitalter der Digitalisierung nutzen Unternehmen und deren Marketingabteilungen das für sich, indem sie mit dem sogenannten „Storytelling“ schöne und tragische persönliche Geschichten kreieren lassen, die wir Nutzer begeistert verfolgen.
 
Das führt dazu, dass wir vermeintlich einem demokratischen Prinzip folgen, uns also unbeschwert fühlen dürfen und meinen, wir würden zu allen möglichen Streitfragen (Issues) und Zeitgeschehnissen die richtigen Antworten erhalten. Dabei kann man das Internet aber eher als Pizzaboten begreifen, der uns das liefert, was wir vorher bestellt haben, uns aber nicht das komplette Sortiment an Wissen ausbreitet, das real existiert. Wollten wir aber nicht eigentlich genau das Gegenteil von dem, was wir gerade auf Bildschirme projizieren? Weg vom Duktus einer bestimmenden Elite und Intransparenz? Wo stehen wir jetzt - nach mehr als einer Dekade Profilpflege online? Es gibt also in der echten Welt Probleme, die jedoch in der digitalen Welt nicht dieselben Probleme sind, sondern die gleichen. Kennt jeder, diese Verwirrung aus der Schulzeit, als die Deutschlehrerin schwitzend erklären wollte, was denn der Unterschied sei. Jetzt wissen wir es ... oder?

Ein Großhändler bietet virtuell Waren an, der Pizzabote liefert Pizza.
Unsere Wahrnehmung in der realen Welt hat also einen gewichtigen Einfluss auf unser Verhalten und daher auch auf die Maßnahmen, die wir treffen, um ein Problem lösen zu können. Es gibt da auch noch die häufig anzutreffende Variante, das Problem einfach nicht lösen zu wollen, wenn es einen temporären Vorteil bringt; damit wären wir bei den Vorwürfen der „Schülerbewegung“, was denn die Verantwortlichen der letzten Generationen alles verabsäumt hätten. Schauen wir in die Realität, wir könnten z.B. in eine Bibliothek gehen und dort die nette Bibliothekarin nach Büchern zu „Artensterben“ oder „Umweltschutzbewegungen“ fragen (...), dann fänden wir in solch einer Bibliothek unfassbar viele internationale Autoren und Autorinnen, die seit gut einem Jahrhundert (und sogar vor dem Zeitalter der Industrialisierung) vor Umweltveränderungen warnen, aufrufen, unser Verhalten oder unseren Lebensstil zu überdenken, die uns zeigen, wie Industrieländer auf Kosten ärmerer oder abgelegener Regionen Produktionen aufbauen, ohne die Folgen in eine Kalkulation mit einzuberechnen.
Als ich 16 Jahre alt war, gaben meine Eltern mir das Buch von Professor Heinz Haber zu lesen, es hatte den Titel „Stirbt unser blauer Planet?“. Wir verschlangen auch Lektüren von Hoimar von Ditfurth (dem Vater von Jutta Ditfurth), Titel wie „So lasst uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen – es ist soweit“ waren Standardwerke vieler damaliger Studenten der Naturwissenschaften, Philosophen, Friedens- und Umweltaktivisten. Man hatte in der Nachkriegszeit und in einem geteilten Deutschland zwar unterschiedliche Haltungen zu Politik und Systemen, aber es gab Dutzende von Vereinen, die sich u.a. gegen Atomkraft, gegen Chemiewaffen, für den Frieden in der Welt und für unseren blauen, einmaligen Planeten Erde mit aller Kraft und Überzeugung einsetzten. Diese Menschen waren dafür verantwortlich, dass über die Risiken von Nuklearenergie gesprochen wurde, dass Firmen in der Industrie Luftfilter in Schornsteine und Katalysatoren installieren mussten, dass FCKW als Treibmittel verboten wurde, giftige Bausubstanzen untersucht und durch Alternativen ersetzt wurden und krebserregendes Dioxan aus Shampoos verschwand. Kann man ja alles in der Webipedia nachschauen, wenn man möchte. So untätig und verantwortungslos waren also die Generationen vorher nicht, und es würde allen, die auch damals an Verbesserungen arbeiteten, nicht gerecht werden, sie über den Kamm der Pauschalurteile zu scheren. Zumal Pauschalurteile immer schlecht sind.

Im Jahre 2019 verdienen andere Firmen das meiste Geld, nämlich mit unserer Anwesenheit im Netz.
Wir beschweren uns zwar dort auf sozialen Plattformen wie facebook, twitter oder Instagram (alles U.S.-Unternehmen, keineswegs Maßstab für die Abbildung der Realität der ganzen Erde), wie das Vermögen der Milliardäre wächst, gründen dazu „Movements“, blenden trotzdem bewusst aus, dass all diese Bewegungen der digitalen Welt kein einziges unserer realen Probleme lösen kann und wird – warum nicht? Weil es uns zunehmend um die Erfüllung virtueller Korrektheit  im Erweiterungsmodul geht, nicht um die reale Welt. Eine sogenannte Online-Umweltbewegung, die sich alsbald hier in Deutschland etablierte, nachdem die Gründer (USA, Großbritannien) Titel und Satzung vorgegeben hatten, ruft zu Spenden auf, es müssen Flyer und Plakate gedruckt werden. Sicher gibt es auch ein Profil auf „Spreadshirt“, denn jeder Nutzer, der diese Bewegung unterstützen will, braucht ja ordentliche Klamotten. Botschaft und Logo müssen in der Schule präsentiert werden, in der U-Bahn oder im Verein. 

Inzwischen arbeiten besagte Alte der letzen Generation zusammen mit der neuen Generation daran, Landwirtschaft und somit Ernährung für bald 8 Milliarden Erdenbewohner zu gewährleisten, Tiere auf der roten Liste zu dokumentieren oder neue Arten zu spezifizieren. Sie erstellen mathematische Modelle für unsere Computer, damit diese Erhebungen und Analysen ausführen können. Sie lehren an Instituten und Universitäten. Sie sitzen in Biochemielabors, um Pflanzen für jedes Wetter und jede Temperatur fit zu machen, damit wir weiterhin im Supermarkt bis Mitternacht alles bekommen, was wir für einen gemütlichen Grillabend nach dem Sport brauchen. Das Klima, alle Landschaften der Erde, verändern sich schneller als die natürliche Mutationsrate, Pflanzen können auf konventionelle Weise gar nicht mehr gezüchtet werden; zu abrupt verändern sich die Bedingungen für alle Lebewesen, um noch zurück zur Natur auf dem PVC-Hacken kehrt zu machen.
Die klugen LeserInnen merken bereits, da stimmt etwas nicht: steuern wir vielleicht sogar beschleunigt in einen Wirbelsturm der Daten, verschwenden eher noch mehr Ressourcen, elektrische Energie und eigene physikalische und physische Kapazitäten, statt uns dem Pragmatismus einer existierenden Realität zu stellen?

Kein Mensch benötigt eine App, um einen Garten ökologisch und ökonomisch sinnvoll anzulegen! Man braucht auch keine n-Bewegungen im Netz, um für die reale Umwelt etwas zu tun und sich zu engagieren. Trotzdem sprießen Onlinegruppen, die zu Spenden aufrufen, wie Pilze aus der Platine. Als Mensch und Bürger seines jeweiligen Landes einen entscheidenden Beitrag zu leisten, damit sich Zustände ändern, bedeutet Eigenverantwortung und Einsatz. Wir lenken unsere wichtige Energie in eine falsche Richtung, das heißt jedoch nicht, dass Aufrufe online zu mehr Umweltbewusstsein des Einzelnen nicht wichtig wären, es gibt aber eine erkennbare und messbare Tendenz aller Nutzer, jung oder alt, sich entweder der Leugnung hinzugeben und schlechte Zustände der Realität auszublenden oder sich in einer Gruppendynamik einzufinden, die mehr Zeit, Geld und Sinn verschwendet, virtuelle Profile aufrecht zu erhalten, als tatsächlich der realen Umgebung Unterstützung zu bieten. Das sieht man eindrücklich an kontinuierlich sinkenden Zahlen der Mitgliedschaften in Jugendvereinen der Ersthilfe und Feuerwehren, und leider auch im Naturschutz. Viele Ortsvereine betteln um Nachwuchs. Das ist die Realität. Es geht auch nicht darum, sich gegeneinander auszuspielen, Schuld zuzuweisen.
Zu keiner Zeit war Zusammenarbeit und Verhandlung so entscheident für unsere Zukunft wie heute. Wir alle sind Teilchen des Ganzen und jeder/jede, der/die diesen Text hier liest, kauft abends bei ALDI oder REWE ein, fährt Diesel oder Benziner (ein Bus braucht Treibstoff und auch ein E-Fahrzeug benötigt eine Batterie, die aufgeladen werden muss), benutzt einen Computer bei der Arbeit oder zum Netflixen nach der Arbeit.

Eine sehr einfache Formel zu Veränderung lautet daher:

Jeder Einzelne, der sein Verhalten in der realen Welt verändert, erzielt eine WIRKUNG!

 

Solange wir in den Ersteweltländern unsere kostbare Lebenszeit damit vergeuden, uns in unserem „Erweiterungsmodul www“ zu streiten, zu beleidigen, zu gefährden, nur, weil wir ursächlich am Überdruss des industriellen Wohlstandes leiden, ändern wir in der realen Welt nichts. Während echte Lebewesen aus Fleisch und Blut für die Illusion, allein auf der Welt zu sein, auf Kaffeeplantagen, in Lithium-Minen schuften oder an Förderbändern mit giftigen Klebstoffen unsere nicht nur billigen Schuhe zusammenkleben (...). Keiner dieser Lebewesen könnte es sich auch nur leisten, abends die Zeit mit Amazon-Surfen zu verbringen – kein Lebewesen, außer Homo digitus, bestellt ein Paket per App in seine Designerwohnung, um es dann am Fahrstuhl vom Paketboten abzugreifen! Wie viele Menschen und Watt an Leistung bis zur Übergabe an den Endkunden dabei aufgewendet werden mussten, wurde innerhalb der letzen Dekade nicht untersucht, geschweige denn in einer notwendigen Studie angelegt. Wieso wohl nicht?  Wir kennen Begriffe wie „ökologischer Fußabdruck“, und fühlen uns bereits heldenhaft unbeschwert, wenn wir ein Produkt aus dem Regal nehmen, welches ein Ökosiegel trägt. Die Last für uns jedoch, tragen andere. Nur diese Erkenntnis bringt uns einen intellektuellen und somit realen Gewinn.

 

Der moderne Konsument, auch wenn er einmal nichts erwirbt, und nur Energie aus der Steckdose zieht(*), hinterfragt Unternehmen, Politiker, reiche Privatiers, aber nie und zu keinem Zeitpunkt sich selbst. Deshalb florieren die Onlineprediger so prächtig wie Kopfsalat, digitalkompetente Gurus, die einem auf einer Digimesse von den Untaten der Lobbyisten erzählen. Kaum hat solch ein „Speaker“ sein Apple-Powerbook zugeklappt, beseelt sich das Netz wie von Zauberhand, Tweets und Postings preisen die neuen Damen und Herren des Erweiterungsmoduls. „Es muss sich was ändern, ich bin dagegen, du auch?!“

 
Infobox (Direktlinks)

 

(*)  Wikipedia:  Energiebedarf

Durch die zunehmenden Informationsangebote in der digitalen Welt steigt der Energiebedarf, der für die Bereitstellung, die Speicherung, die Verteilung und die Übertragung der Daten anfällt. 2015 lag allein der Energiebedarf der weltweiten Rechenzentren bei über 400 Terawattstunden und somit über dem gesamten Energiebedarf des Vereinigten Königreiches.[3] Dies entspricht einer durchschnittlichen elektrischen Leistung von gut 45 Gigawatt und bei einem Kilowattstundenpreis von 30 Eurocent einem jährlichen Geldbetrag von 120 Milliarden Euro.

 

 
Ja und, was ist denn jetzt mit dem Plastikstrohhalm?!


Klingt das von mir grob umrissene Szenario bisher so überzeugend, dass man es weiterhin kritiklos umschwärmt wie verwirrte Nachtfalter eine LED-Straßenleuchte? Oder ist es nicht eher so, dass wir alle bereits merken, wir vergeuden eine Menge persönlicher Zeit und Kraft, einem Werkzeug zu dienen? Diese Oberfläche, die wir Nutzer heute Internet nennen, wurde ursprünglich zum Zwecke der internen (Intra-) Kommunikation implementiert, Leute aus Forschung und IT dachten sich, es würde zum besseren interdisziplinären Austausch führen (Open Data), und das tat und tut es auch! Sie hatten damals jedoch keinen blassen Schimmer, von kommenden heran rauschenden Wellen aus dem Silicon Valley und seinen zig Gründern von Start-Ups, die so viel Umsatz generierten, dass der gesamte globale Markt in die Knie eines binären Codes gezwungen wurde. Heute könnte der komplette Handelsverkehr ohne digitale Vernetzung nicht mehr stattfinden. Die gleichen (auch dieselben) Wissenschaftler, die einstmals alles rund um das Internet als Segen lobpreisten, rudern heute entsetzt zurück, weil sie plötzlich mit den wirklich sehenden Augen erkennen, was wir als Zauberlehrlinge an Geistern herbeigerufen haben. Das aktuell hochumstrittene Starlink Projekt einer U.S.-Firma z.B, meint, es wäre unbedingt notwendig, den gesamten Erdball mit Internet zu umspannen, rund 12 000 kleine Satelliten sollen dazu in den Orbit geschickt werden, denn nur dann hätte jeder Erdbewohner ein gutes, wahrhaftiges Leben. Andere Länder und Firmen wollen nachziehen. Sonstige Motivationen, nationale Satelliten zu betreiben, kennt nur der jeweilige Staat. Mit einer ähnlichen Sendung an alle Erdlinge begann facebook vor 15 Jahren. Die Botschaft lautet stets:  alles zum Wohle der gesamten Menschheit!

Ich bin selbst Technikerin, diene der Wissenschaft wie auch der Kunst seit vielen Jahren, aber mich überzeugt es nicht, dass Menschen, und in Folge dessen alle Lebewesen des Planeten, ein Modul brauchen, um existieren zu können – oder bestimmte Betriebssysteme benötigen, um ordentlich zu funktionieren. Wer dieses Modul privat oder beruflich nutzen möchte, soll es tun. Der Wahn jedoch, dass nichts mehr ohne digitales Abbild funktioniert, ähnelt eher einer Taktik, sie sollte nicht unsere neuronale CPU passieren und das Großhirn so konditionieren, dass wir am Ende meinen, die reale Welt sei eigentlich nur ein netter Zusatz eines digitalen Dogma. Die Realität ist hoch komplex, während das Abbild unserer Bildschirme eindimensional nur nach einer einzigen Sache strebt: unserer Eingabe. Die Eingabe löst eine Reaktion aus, bedient jedoch nur eingeschränkte, vorher festgelegte Rechenparameter. In der Summe verdienen sehr wenige an Massen digitaler Diener, die Inhalte freiwillig, ohne Vergütung zur Verfügung stellen, es verdienen Händler aller Waren, im Darknet Händler von Drogen, Waffen, Händler von Frauen und sogar Kindern.

 

Wie immer, geht es also um die Betrachtung des Gesamtbildes. Unsere Verzückung zu Beginn sollte unsere kritische Beurteilung nach mehr als einer Dekade aktiver Internetnutzung nicht überblenden, sondern zum Nachdenken zwingen. Denn es ist Vorsicht geboten, sobald das „big picture“ von wenigen erzeugt wird, die am Internet ihr Vermögen aufbauen. Das viel zitierte „freie Netz“, mit der einstigen Intention des Austausches von Daten und Wissen, könnte wie eine selbstkonstruierte oft zitierte Filterblase platzen, eine Welthandelskrise oder weitere Kriege auslösen; und damit unermessliches neues Leid zum bereits bestehenden bringen.

Temporär erzeugte Daten besitzen keine Beständigkeit und keine ernsthafte Legitimation, um auch nur eine einzige Regierung eines von zweihundert Ländern dieser Erde nachhaltig an ein Versprechen zu binden. Nach nur 20 bis 50 Jahren, so schätzen IT-Experten, sind viele digitale Ablagen und Archive gar nicht mehr auslesbar. Ein Energieausfall kann ebenfalls Daten zerstören (Klimakrise). Bis heute sind Mikrofilm und handgezeichnete, archivfeste Verträge durch nichts zu ersetzen. Tweets juristisch ohnehin, Schall und Rauch! Auch dies kann Auswirkungen auf zukünftige Verhandlungen zwischen Ländern in der Realität haben. Von Angriffen auf Daten von außen ganz zu schweigen. Selbst große und einflussreiche Organisationen, die sich zusammengeschlossen hatten, um mehr Einfluss auf wirtschaftliche Entscheidungen zu nehmen, wie Weltraum- oder Geopolitikverbände, kämpfen um Wahrnehmung, nicht nur in der Politik, sondern auch bei der Bevölkerung. Mainstream-Trends und SEO-Algorithmen bestimmten zu oft, welche Themen angezeigt werden. Priorität wird teuer bezahlt.

Forschungsgruppen, die zu klein sind, um sich nur durch staatliche Zuschüsse in die tiefere Materie wagen zu können, verlieren ihre Stimme, ihr Gewicht und ihren Nutzen, wenn sie mit Internetgiganten konkurrieren müssen, -- nicht, weil diese tatsächliche Vorteile in PR und Investition besitzen, sondern weil die Abbildung im Netz eben nicht kongruent zur Realität ist: es gibt in den USA Unternehmen, die keine Gewinne, sondern lediglich Ausgaben verbuchen, besitzen aber einen respektablen Vermögenswert an der Weltbörse, weil sie von Zuwendungen reicher Privatiers so lange gestützt werden, bis die Firmengründer entweder pleite sind oder Anteile abverkauft werden. Das U.S.-Magazin Forbes berichtete darüber zum Fall (im wahren Sinn) des Start-Ups Theranos.
Das bedeutet, wir sprechen hier von erheblicher Verzerrung des eigentlichen Wettbewerbs in Technik, Forschung und Entwicklung, und das wird sich mit Einführung sogenannter Kryptowährungen nicht verbessern, im Gegenteil. Dann hilft auch kein Crowdfunding mehr, weil kein Nutzer/Bürger mehr reales Geld übrig haben wird (Stock Savings), um irgendetwas privat zu unterstützen. Ob man Geld druckt oder es in einem System von Waren-Dienstleistungen-Tausch anlegt, zentral oder dezentral steuert, die Absicht, davon für sich selbst einen Mehrwert zu erlangen, bleibt.

Der Energiebedarf steigt – disproportional!

 

Deshalb gilt auch hier: Virtualität führt per se zu keinem besseren Ergebnis für unsere Umwelt, die eigentlich nicht um uns herum führt, sondern deren Angehörige wir sind. Wir wundern uns oft, als Homo digitus, warum antike Texte Endzeitszenarien schildern, oder wie es dazu kommt, dass uns Geschichten aus der Bibel bis heute derart faszinieren, obgleich wir mit dem Widerwillen der Aufklärung auf sie herab lächeln wollen. Während wir uns gleichzeitig fürchten, ob denn ein Funken Wahrheit darin läge. Idealer Nährboden für Millionen von YouTube-Videos derzeit. Die Diskussion und der Streit, was uns denn nun zum empathielosen Narzissten oder verschwenderischen Herrscher macht, der durch Schicksal oder Gotteswille alles verliert, bleibt ungelöst faszinierend. Als Spezies, beherbergen wir seit Anbeginn unterschiedliche Individuen, die sich je nach Vererbung oder Umfeld in eine bestimmte Richtung entwickeln konnten. Aber jede Spezies besitzt laut ihres genetischen Bauplans Grundeigenschaften, denen auch wir nicht entkommen können. Wir alle mögen es bequem, wir möchten gute Nahrung und wir verachten den Nachbarn mit den besseren Früchten. Darum wird auch das Extramodul, das wir erschaffen haben, um uns etwas Gutes zu tun (Zuckerberg), keinen Ausweg aus unserem Dilemma bieten.

Wir besiegen ultimative Bösewichte aus Polygonen geformt, während draußen in der Realität Menschen in Kriegen um Nahrung, Wasser und Energiequellen millionenfach geopfert werden. Sie interessieren uns längst nicht mehr, zu viele Berichte und deren zigfache Kopien prasseln täglich auf uns ein! Als Opfer nerven sie uns, wenn sie plötzlich an unseren Grenzen auftauchen und für Diskussionsstoff in Bierzelten sorgen. Sie nehmen uns sicher keine Arbeit weg, dafür sorgen Handelskonglomerate und Herrscher des globalen Netzes in naher Zukunft selbst. Der Mensch bleibt Mensch, mit seinen positiven wie negativen Attributen, und darum bleiben unsere Geschichten eine ewige Rekursion. Erzählungen von Krieg und Frieden helfen uns kaum, den kommenden Krieg zu vermeiden. Es geht nur noch darum, welcher Art von Krieg wir uns stellen und mit welchen Waffen wir kämpfen.

Der Plastikstrohhalm ist ein Symbol für falsche Wahrnehmung.

Der Plastikstrohhalm ist also schuld am Untergang der Welt, nicht der Mensch, der den Plastikstrohhalm gebraucht? Vielleicht geht es weniger um die Verdammnis des Materials, einer Komponente oder einer bestimmten Energiequelle, als um das Haushalten und den verantwortungsbewussten Umgang mit allen Erzeugnissen dieses Planeten und seiner chemischen Elemente, natürlich oder synthetisch.

Würden alle Europäer nur 4 statt 7 Tage in der Woche Fleisch konsumieren, würde jeder Internetnutzer nur 4 statt 7 Stunden am Computer sitzen, würden alle für sich selbst begreifen, dass die Sünde nicht in der Wahl des Zweitwagens liegt, sondern in der Menge der Gesamtenergie, die er/sie verbraucht, es wäre uns allen recht schnell klar, wie sich das persönliche Verhalten auf das Konzept Natur auswirkt. Sogar auf Gesundheit und Wohlergehen. Wir würden sehr rasch bessere Umweltbilanzen erzielen, ohne uns in endlosen virtuellen Debatten, ob der Vegetarier oder der Wurstliebhaber der bessere Erdenbürger sei, zu zerfleischen. Sich hinter einem Profil im Netz zu verbergen, um die Verantwortung auf den Nachbarn, die Eltern, die Volksvertreter oder die „Lobby“ (auch eine Gewerkschaft oder der Kinderschutzbund sind eine Lobby) zu übertragen, ist Selbstbetrug. Oder einfach gutes Marketing.

Und genau dieser Selbstbetrug lässt uns immer mehr statt weniger Zeit im Internet verbringen, lässt uns mehr statt weniger Flugreisen buchen (Tourismuszahlen steigen unaufhörlich, meine Damen und Herren, und auch junge YouTuber reisen und fliegen gern‘ billig), lässt uns mehr statt weniger selbstkritisch handeln. Vielleicht, weil wir daran glauben wollen, dass uns die Botschaften aus dem www retten werden. Es wird aber kein neuer synthetischer KI Messias kommen, die Menschen für eine paradiesische Zukunft um ein letztes Süßwasserreservoir oder den letzten Baum seiner Art versammeln, uns auf Turbogleitern emissionsfrei herum sausen zu lassen und Erkenntnis free shipping zu verteilen. Allein 8 Milliarden unserer Art sind schiere Emission. Es wird auch das Abo eines YouTube Kanals, das Spenden für ORG A oder B, die Zerstörung einer bestehenden Ordnung nichts einbringen, außer weitere Kontroverse, weitere neue Datenprofile, die gegeneinander kämpfen, als gäbe es noch ein Morgen.

Während die einzig funktionale Botschaft, die uns ein KI-programmierter Roboter in 20 Jahren auswerfen wird, dieselbe (diesmal stimmt das so) sein wird, die uns kluge Menschen unserer Art bereits vor mehr als 150 Jahren, sogar vor 1500 Jahren, mit auf unseren Weg geben wollten:
Das System zu ändern, ändert nicht die Ursache. Die Ursache ist der Mensch.

Wie wir heute sehr eindrücklich an Wirtschaftsbündnissen sehen können, gibt es diverse nebeneinander oder gegeneinander arbeitende Systeme, sie alle scheinen aber im gleichen Sumpf der Bestechlichkeit, der Gier und des Missbrauchs anderer steckenzubleiben, selbst wenn wir das System ändern, durch Befreiungskriege oder Rebellion, es baut sich wieder und wieder die gleiche (ok, es wurde verstanden – Zwinkeremoji) verdammte Struktur auf.

Ändern wir uns wirklich nicht?  Woran liegt das?

Vielleicht an der Brown’schen Molekularbewegung? An unserer DNS? Der dunklen Materie? Dem Magnetfeld?
Oder dem miesen Karma, das wir seit Beginn der kosmischen Zeit mit uns herumschleppen wie ein Sack Reis, der in China einfach nicht umfallen will? Ursachenforschung ist sicher wichtig, nimmt uns trotzdem nicht die Eigenverantwortung ab, Mensch zu sein und dieses Bewusstsein, das Planet Erde auf uns übertrug, stets mitzuführen wie unser Smartphone. Nimmt uns nicht die Verantwortung ab, statt 3 Paar Sportschuhe nur 1 Paar zu kaufen, und zwar ein haltbares Paar! Nimmt uns nicht die Verantwortung ab, weniger zu produzieren. Unternehmer müssen sich zukünftig wohl überlegen, ob ein Sortiment von 50 Produkten notwendig ist, wenn der Verbraucher schon bei der Auswahl von 5 Produkten ins Grübeln gerät (...). Nimmt uns nicht die Verantwortung ab, Top-Marketers zu kritisieren, statt sie einfach nur klasse zu finden, weil der Werbespot so geil ist und Millionen Klicks bekommt, oder der Firmengründer hippe Tweets auswirft, die wahrscheinlich nicht mal mehr von ihm selbst stammen.

Weiniger wollen, mehr geben?


Steht sinngemäß in jeder historischen Schrift der Menschheit, religiös oder geisteswissenschaftlich.
Muss uns also zu denken geben, denn es ist eben nicht so, dass jede neue Generation eine bessere sein wird, solange sie sich verweigert, den Ursprung anzuerkennen, um endlich den epigenetischen Einfluss auf sich selbst zu verändern, indem die natürliche Umgebung und unsere Umwelt wahrgenommen und respektiert werden.

Weniger wollen, mehr geben. Dieses Vorhaben würde jeder lebenden Art auf dieser Erde schon erhebliche Vorteile bringen, uns Menschen mit einbezogen. Denn weniger Armut durch Ausbeutung anderer Länder schafft Gerechtigkeit und Lebenswert. Lebenswert schützt Lebensraum. Lebensraum schützt Leben. Kleinere Produktsortimente erlauben weniger Produktionsenergie und Emission, kein Mensch braucht eine Auswahl von 100 Schokoladensorten. Es gibt eine Vielzahl von guten Ansätzen, Vorschlägen und praktischen Umsetzungen zur Effizienz und Einsparung von Energie. Am Ende einer Lieferkette steht immer der Verbraucher, nicht das Handelsabkommen, die Parlamente, der Firmenboss oder das Internet.
Der einzelne menschliche Beitrag verändert den gesamten Prozess, die Nachfrage verändert tatsächlich das Angebot, auch wenn es uns immer wieder Überwindung kostet, beim Einkauf an schicken oder allzu billigen Produkten vorbeizugehen.
Rettet das die Menschheit? Vielleicht nicht, aber es rettet Leben und Lebensraum.
In jeder Generation, die da kommen mag.  (vb/S.Ville)

 

Quellenverweise Fotos: Heinz Haber - "Stirbt unser blauer Planet?" (DVA 1073) / "Die Zeit - Geheimnisse des Lebens (Langen-Müller 1986)" -- Hoimar von Ditfurth - "So lasst uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen - es ist Zeit" (Verlag Rasch und Röhrig 1985)

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