Wir schütteln inzwischen den Kopf im Kollektiv. Wir sind zu wenige, um im Rausch(en) der Marketingmodule einer digitalen Oberfläche überhaupt gesehen oder gehört zu werden. Gelesen werden
wir schon gar nicht.
Nach 3 Zeilen Aufmerksamkeit des Nutzers im Netz ist durchschnittlich Schluss.
Mein Kommentar bezieht sich auf einen Beitrag des TV-Magazins "ZAPP".
In diesem Beitrag versucht man zu ergründen, wieso wir uns gemeinsam im Zustand der Verwirrung durch Informationsüberschuss befinden, und die zuvor so essentiellen Medien- und
Bildungsbeauftragten der öffentlich-rechtlichen Anstalten den Eindruck vermitteln, nicht mehr Herr oder Frau der Lage einer vernünftigen Einordnung zu sein.
Was passiert da eigentlich?
"Wir haben eine ganz gewaltige Medienbildungslücke in der Gesellschaft"
- "Quellenkompetenz entscheidet über die Möglichkeit, Informationen als vertrauenswürdig oder nicht vertrauenswürdig einzuordnen"
Prof. Bernhard Pörksen, Uni Tübingen - im ZAPP Beitrag (Video nachstehend)
Bin erschöpft vom Kopfschütteln, denn es geht nicht nur um die Mündigkeit oder Kompetenz des Nutzers im Web, Meldungen richtig zu interpretieren. Es geht um das System hinter der Oberfläche.
Der ZAPP-Beitrag zeigt Leute auf der Straße, die versuchen, einer Reporterin zu beantworten, ob sie Fake-News erkennen können. Die Beteiligten selbst kennen und verstehen aber die Methode der Verbreitung von Daten nicht. Dabei tappen die Macher des Beitrags offensichtlich selbst in die Falle, Meinung zu modulieren und agieren subjektiv. Ja, ist dieses gezeigte Foto mit der Petrischale und der Behauptung nun falsch, dass nach dauerhaftem Tragen eines Mundschutzes Keime entstehen oder der CO-2-Gehalt im Blut ansteigen kann? 'Na klar', sagt die Reporterin und weist die Bürger zurecht, sie seien auf Fake-News der Sozialnetze hereingefallen. Aber ist es tatsächlich falsch, nur weil der zuständige Redakteur nicht die Zeit hatte, in der Tiefe zu recherchieren und keine aktuellen Studien bei Google gefunden hat, um die Annahme zu stützen? Unter Umständen ist der Anstieg von CO-2 im Blut bei längerem Tragen einer Schutzmaske als sogenannte Hyperkapnie* nämlich möglich. Keime bilden sich hinter Masken, gerade, wenn sie aus herkömmlichen, nicht vorbehandelten, nicht keimabweisenden Materialien hergestellt wurden. Selbstgenäht also. Zudem ist relevant, ob man die Maske zwischendurch abnimmt, daran herumfuchtelt oder hinein niest. Natürlich bilden sich Keime! Die Reporterin im ZAPP-Beitrag moderiert Bürgerstimmen nicht, sie moduliert sie. Kompletter journalistischer Unfug ist, Berichte oder Social-Media-Postings "für eine gut informierte Gesellschaft" mit Pinocchio-Punkten zu versehen: was bedeutet "größtenteils falsch" und meint man, so tatsächlich aufzuklären?
Wissenschaft funktioniert anders: Wissen & Erkenntnis sind ein Prozess.
In diesem Prozess kann es Aussagen geben, die zu einer bestimmten Zeit richtig scheinen, weil sie einer Theorie folgen (Ansatz, Hypothese, Thesis), nach weiterer Forschungsarbeit oder Auswertung
von Analysemodellen jedoch u.U. widerlegt werden und einen neuen Status abbilden. Das konnten wir eindrücklich bei der Berichterstattung während des COVID-19-Lockdowns erleben.
Die Pflicht des Journalismus ist es, Meldungen unkommentiert abzubilden.
In der Form eines Berichts wird eine Einordnung mit Belegen erforderlich.
Wird ein Thema kommentiert, muss das ausdrücklich erwähnt werden.
So wie hier.
Deshalb unterscheidet sich Journalismus von der Wissenschaft in der Nutzung von Annahme & These (zu einer vorher definierten wissenschaftlichen Doktrin) gegenüber unanhängiger, externer Darstellung. Ein Journalist darf nie Teil einer wissenschaftlichen Annahme werden oder Vertreter/Proxy einer bestimmten Meinung. Ähnlich ist es mit der Interpretation von Daten, die nicht selten divers ausfällt, sobald es Tendenzen zu einem bestimmten (erwünschten) Ergebnis gibt.
Seit Digitalisierung lehrt man das sogenannte "Storytelling", das auf den ersten Blick so harmlos ausschaut, als wäre es ein Pilcher-Drehbuch fürs Internet in Kurzform, wird aber mit der einzigen Absicht verfasst, den Leser/Nutzer emotional einzufangen, um Verweildauer auf einer Seite zu erhöhen und/oder Anzeigen bzw. Produkte zu verkaufen. Das Storytelling behindert daher das faktische Melden durch einen Journalisten. Im analogen Zeitalter gab es eine formelle, recht deutliche Trennung zwischen ökonomischer Absicht, Verwendung von Text zum Verkaufszweck (Werbetext) und der rein literarischen Form einer Geschichte. Es gab natürlich auch Geschichten, die sich prima anboten, in einer Schlagzeile zu enden, das erkannten einige findige Zeitungsmacher und spezialisierten sich auf solche Stories, Lebensgeschichten. Zeitschriften, die bevorzugt Emotionen ansprechen, sind bekannt unter "Yellow Press", "Tabloid Press" oder Boulevard-Journalismus; deutschsprachig: BILD, Neue Revue, Echo der Frau, Gala, Cosmopolitan, Men's Health o.Ä.
Was sich im ZAPP-Beitrag ebenfalls zeigt, es wird wiederholt von dem '2-Parteien-Problem' der Streitkultur berichtet; wir befinden uns demnach in einem grob-fahrlässigen Bildungsvakuum der digitalen Medien und müssen unsere Kinder endlich auf einen besseren Umgang mit diesen vorbereiten. Es dürfte jedem Beteiligten inzwischen jedoch klar sein: die erwähnte Quellenkompetenz ist eigentlich Aufgabe der ausgebildeten Journalisten. Texte dürfen nicht so publiziert werden, dass Komsumenten selbst recherchieren müssen, weil sie ohnehin davon ausgehen, der Inhalt sei fragwürdig. Dann kann ich die Arbeit gleich den K.I.-Bots überlassen.
Warum sich stets 2 harte Fronten bilden, liegt nicht an unserer Streitkultur, sondern an den digitalen, bewusst so programmierten Oberflächen. Das wissen Journalisten!
Stellt sich also die entscheidene Frage:
Wieso gehen diese, vom hippen YouTuber namens Rezo gerügten Medienhäuser, nicht ein einziges Mal auf diese technischen Bedingungen ein? Rezo könnte das wissen, ein junger Mann, der sich seit
Beginn seiner Schulzeit sicher näher mit den technischen Raffinessen seiner Zeit auseinandergesetzt haben dürfte. Er verdient aber sein Geld mit der Oberfläche "YouTube", was ihn voreinnimmt und
ihn eher dazu tendieren lässt, das Medium seines Erfolges weniger kritisch zu betrachten.
Meine Tweets als @villebooks "lasen" nach 10 Jahren Mitgliedschaft max. 100 Nutzer im Netz, weil Twitter-Algorithmen Gewichtung implementieren, welche Nutzer häufiger gezeigt werden, selbst unter Verwendung eines #Hashtags (diese sind inzwischen gekoppelt an Marken & Publisher-Headlines). Das richtet sich nach statistischen Werten, nach Bezahlung und Nutzen für die Werbekunden, mit denen Twitter den eigentlichen Umsatz generiert. Deshalb ist das System der US-Socialmedia völlig ungeeignet, Wissen demokratisch, informativ abzubilden bzw. zu verbreiten.
So gibt es einen bewusst gelagerten Schwerpunkt auf US-Meldungen, brandneu, mit passend gelieferter Übersetzung in den Trends während des US-Wahlkampfes, die die meisten inländischen Nutzer für deutsche Trends halten. In Deutschland sind währenddessen ganz andere Dinge passiert u. andere reale Fakten relevant. Unsere Realität wird also an die US-Medien angeflanscht, es gibt kein unabhängiges, freies Berichterstatten. Solange dies keiner der deutschen Verlage & Sender an der Basis angeht, weil zu viele Medien unkritisch Einnahmen generieren wollen, bevor sie aussterben, ist es schwierig, einer Zeitung oder sogar einer Presseagentur, die nur das kopiert, was Google zur Recherche vorgibt und als glaubwürdig erklärt, zu vertrauen.
Wir kopieren US-amerikanische "Issues", weil es private Konzerne so wollen.
Das sollte bitte niemand mit Ressort-Zuordnungen wie "Auslandsnachricht" und "Lokalteil" verwechseln! Über die USA und deren Vorkommnisse zu berichten, ist Aufgabe des Auslandsressorts und der
Korrespondenten vor Ort; also Fakten zu suchen und Belege, diese zu stützen. Das gilt für alle Meldungen das Auslands. Inlandsmeldungen bilden Ereignisse im eigenen Land ab. Zumeist entscheidet
der Redakteur, sehr brisanten Nachrichten aus dem eigenen Land den Vorrang zu geben, weil man weiß, dass ortsnahe Vorkommnisse für die Einwohner einer Stadt, Kommune oder eines Kreises als
interessanter eingeordnet werden und somit beliebter sind. Kenntnisse aus der Psychologie und durchaus relevant für eine Publikation.
Über YouTube, Instagram, Facebook, Twitter und andere US-Portale hingegen, bewegen sich abgebildete Inhalte im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz in Echtzeit und steuern die Dringlichkeit
einer Nachricht von außen, ungeprüft. Inzwischen verwenden Portale Übersetzungs- und Transkriptionsprogramme, wir erkennen eine deutsche Übersetzung oft erst dann, wenn wir nach den Autoren
suchen und sehen, wo der Artikel oder Bericht ursprünglich publiziert wurde. Zudem gibt es Proxy-Portale mit unzähligen URLs, d.h. man sieht einer Domain nicht mehr an, ob es sich um eine
Original-Onlinepräsenz einer seriösen Zeitung handelt oder um ein komplett automatisiertes Kopierportal, welches Inhalte aller Art und Sprachen per Programm so verändert, dass der O-Text
urheberrechtlich nicht erkannt wird, man aber keinen einzigen Satz eines Reports selbst geschrieben, geschweige recherchiert hat.
Viele stammen von Text-Bots. Es geht nur um Klickzahlen für Anzeigenkunden.
Seit einigen Jahren verkrampft sich nicht nur der Magen gewissenhafter JournalistInnen, wohin unsere Reise in diesem so unheimlich wirkenden 'Neuland' der Informations- und
Kommunikationstechnologien eigentlich geht; auch WissenschaftlerInnen bekunden zunehmend ihre Schwierigkeiten der Adaption im Umgang mit Soft- und Hardware, und das liegt sicher nicht an deren
mangelnder technischer Kompetenz. Es zeigt uns eher, dass wir uns einem einzigen Schema unter vielen möglichen nur deshalb ausliefern, weil es keinerlei Alternativen gibt. Wer den Markt
dominiert, stellt das staatlich verordnete Betriebssystem, samt einer monokulturellen Komplettlösung für alle BürgerInnen einer Nation.
Wenn Medien wieder funktionieren und Journalisten wieder echte Recherchearbeit leisten sollen, ohne Keyword-Dogma oder SEO-Preset einer externen Nation samt eigenem Wertesystem - und es
ist egal, ob es sich um die USA, Russland, China oder die Arabischen Emirate handelt, das Prinzip der Herrschaft der Marktführer ist überall in der virtuellen Welt das gleiche -, dann brauchen
wir ein unabhängiges, in der digitalen Bewegung uneingeschränktes Netz. Was nicht bedeutet, dunkle Machenschaften stützen und kriminelle Taten zulassen zu müssen. In jeder Gesellschaft,
Kultur und jedem IT-Script sind Regeln zum Schutze aller Nutzer wichtiger Bestandteil.
Es gibt aus der Verhaltensforschung Erkenntnisse, die durchaus einen bewusstseinserweiternden Effekt besitzen, denn sie zeigen uns, mit welcher Geschwindigkeit man Menschen mit Botschaften
indoktrinieren kann. Was wir in diesem Augenblick als so verwirrend, beängstigend und nicht schlüssig im Sinne der menschlichen Wahrnehmung empfinden, hat wenig mit dem Umstand zu tun, dass wir
uns inmitten einer Pandemie befinden, sondern mit der über Jahre vermittelten Ideologie, die Antwort auf alle real existierenden Fragen, sei im Netz des WWW zu finden. Nun bildet dieses Netz aber
nachweislich nicht die Welt ab, sondern nur Teile davon und diese noch in einer gewünschten Distribution verfälscht; je nach Absicht einer Regierung, eines Privatinvestors oder einer Gruppe
(Movement), mit ganz eigennützigen, oft hinter dubiosen Webseiten versteckten Zielen.
Bildung zu neuen Technologien ist sehr wichtig, aber man kann Ottonormalverbraucher/in kein Informatikstudium abverlangen, um noch durchzublicken, ob eine Seite, die er/sie besucht, nicht nur hinter Daten oder Spenden her ist, das kann kein Bildungssystem leisten, denn die Tricks, Seiten in humanitäre Wunderwerke zu verwandeln oder junge Menschen durch Umweltschutzmotive zu Dateneinträgen, Merchandisingkäufen oder Abo-Abschlüssen zu verführen, sind mannigfaltig und subversiv.
Als Journalistin & Autorin hat es für mich wenig Sinn, für 10 Leute zu schreiben, selbst nichts mehr zu verdienen, weil zunehmend News-Bots meine Arbeit erledigen, während von Verlagsgruppen
und Sendeanstalten geförderte YouTuber mittels Nutzung einer US-Plattform, Guru-Bildung für uns zum äußerst zweifelhaften Standard machen.
Der Zweck hinter der Methodik ist klar: mit allen Mitteln möchte man die junge Zielgruppe an sich binden und vorgeben, die von den SteuerzahlerInnen eingefahrenden Gebühren zeitgemäß,
technologisch korrekt angewendet zu haben.
Was passiert, wenn wir von einem Hashtag & Netz-Hype zum nächsten springen, ohne überhaupt eine intensive Diskussion führen zu wollen, ohne Streitfragen wirklich umfänglich außerhalb eines Show-Talks oder Postings mit Daumen hoch oder runter besprechen zu können? Wie entwickeln wir Lösungen für eine sich rasant verändernde Gesellschaft in der Realität?
Debatte heißt: Es kann mehr als zwei verschiedene Meinungen geben; gerade bei komplexen Zusammenhängen. Nur 2 Meinungen braucht das binäre System, und nicht mehr, um Kontroverse &
Traffic zu generieren, Klicks zu erzeugen, Produkte zu verkaufen. Auch gewissenhafte Berichterstattung funktioniert so nicht.
Man will kein Produkt, keine Anzeige verkaufen, sondern der Selbstzweck ist die Information.
Wissenschaft leidet unter diesen Voraussetzungen, verliert an Glaubwürdigkeit unter dem digitalen, öffentlichen Druck der hyperschnellen Publikation - nebst Druck durch Konzerne und omnipotente Geldgeber, die in dieser Welt der Superkonglomerate unsere Geschicke lenken wie nicht minder einst der Kaiser oder die so verteufelten Eliten der Bildungsinstitute. Das freie Netz war im Ansatz ein sinnvoller Gedanke. Wissen zu verbreiten, Gelehrte, Fachleute und jede/n neugierige/n Bürger/in teilhaben zu lassen, um zu verhindern, dass Forschung einer Oberschicht vorbehalten bleibt oder Bücher nicht zugänglich sind, weil es einem höheren Diktat nicht passt, ist denkwürdig. Was wir aber anstelle dessen erleben, ist das Gegenteil: wir verhindern den wahren internationalen Austausch und kennen nur noch den Warenaustausch. Interkulturelle und interdisziplinäre Debatten missachten wir vorsätzlich, nachdem wir die Mitteilungen auf unseren Apps abgerufen haben, die mit unseren Absichten und Plänen erst dann etwas zu tun haben, wenn wir am Abend durch Algorithmen davon überzeugt wurden.
Wir sollten in Europa primär gemeinsam an einer technischen Verbesserung arbeiten, bevor wir an der Behauptung scheitern, dass uns die umfassende Anpassung unserer Kinder an digitale Gadgets aus dem Dilemma der falschen Information befreien wird. Das wird nicht passieren, und diese Annahme meinerseits basiert nicht auf einer Vorliebe für Zipfelmützen aus Aluminiumfolie, sondern auf den Grundsätzen der Informatik, Mathematik und Verhaltensforschung. Wir können weiterhin so tun, als wären wir nur zu doof und ungebildet, das virtuelle Leben richtig zu verstehen, ohne das eigentliche Grundproblem unserer verzerrten Wahrnehmung endlich zu deklarieren und sachlich am echten Upgrade aller Medien im digitalen Zeitalter konstruktiv zu arbeiten. Oder: wir bestehen ohne Nachweis eines sichtbaren Vorteils auf das Lehren eines Dogmas und verleugnen unsere eigentlichen Fähigkeiten, etwas Besseres zu kreieren als das, was uns angeblich als herausragend innovativ und einmalig angeboten und verkauft wird.
Viele meiner Kolleginnen und Kollegen aus dem Journalismus und der Medienbranche sind müde. Sie verstummen nur, weil sich seit mehr als 10 Jahren das eigene Gewissen zu Wort meldet und sich
nichts mehr wahrhaftig anfühlt. Wie soll es auch, das Netz ist künstlich und hat noch weniger mit dem Begriff Anthropozän zu tun als wir glauben, denn die Intention der Maschinenprogramme ist,
Homo sapiens aus dem eigenen Zeitalter zu kicken.
Information zu *Hyperkapnie: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/112344/Nicht-fuer-jeden-ist-das-Tragen-einer-Maske-unbedenklich
LINK ZAPP-Beitrag auf YouTube
https://www.youtube.com/watch?v=GbvKxvXgR5I